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Arbeit


Dringl. (Entschließungs-)Antrag der Abg. Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betr. Schutz des heimischen Wassers
30.01.2013

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Sonstiges



Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 187. Sitzung am 30.1.2013


Tagesordnungspunkt: Dringl. (Entschließungs-)Antrag der Abg. Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betr. Schutz des heimischen Wassers Redezeit: 16.34-16.43


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Konzessionsrichtlinie im engeren Sinn keine Privatisierung vorschreibt, aber dass sie vorsieht, dass auch dann, wenn Bereiche der Daseinsvor­sorge - nämlich Wasser, Abwasser, andere soziale Dienste - extern vergeben werden, die entsprechenden Wettbewerbskriterien der Europäischen Union anzulegen sind.


Ich muss schon sagen, die Konsistenz der europapolitischen Positionen der einzelnen Fraktionen im Europaparlament, die ist schon einmal auf die Waagschale zu legen. Es ist doch unglaublich, dass sich ein Bundeskanzler - wenngleich es natürlich positiv ist, dass er sich dafür ausspricht - hier herstellt und sehr vollmundig von der Bedeutung und Notwendigkeit eines verfassungsrechtlichen Schutzes des Wassers spricht, aber gleichzeitig im Europaparlament die sozialdemokratische Fraktion fast geschlossen, bis auf eine Ausnahme, für diese Konzessionsrichtlinie gestimmt hat. Von den zehn Gegenstimmen war nur eine Fraktion geschlossen dagegen, das waren die Grünen. Wir waren dagegen, und das ist konsistente Politik - weil Bereiche der Daseins­vorsorge nichts im Wettbewerbsbereich, im freien Wettbewerb zu suchen haben.


Und warum? - Weil in diesen Bereichen - Bildung, soziale Einrichtungen, öffentliche Güter - die Infrastrukturkosten enorm sind. Die Privatisierung in diesem Bereich ist nur dann interessant, wenn man mit öffentlichen Geldern die Infrastruktur aufbaut - denn dann steht einmal etwas - und dann den Betrieb privatisiert. Denn wenn das alles gebaut ist, ist es natürlich nett, wenn man es übernehmen kann und über Gebühren ordentliche Gewinne machen kann. Das ist Praxis. Das war so in Großbritannien, das war in einigen deutschen Kommunen so. Und das hat zu einem totalen Desaster geführt, vor allem in Großbritannien, in London. Das ist legendär, dazu gibt es ausgezeichnete Dokus. Also das ist, glaube ich, eine wichtige Geschichte.


Schauen wir uns jetzt die österreichische Situation an. Wie schaut es heute aus? Kollege Auer, wir wissen das: Im Wasserversorgungsbereich sind derzeit mehr als 86 Prozent der gesamten Wasserversorgung in Österreich kommunal organisiert. Der Anteil der genossenschaftlich organisierten Wasserversorgung, wo die Eigentümer über Genossenschaften organisiert sind, macht etwa 5,6 Prozent aus. In Summe sind also 92 Prozent des gesamten Wassers öffentlich organisiert, und das ist gut und wichtig.


Wenn Kollege Schultes hier von diesen Auslagerungen und Betriebsmodellen spricht, dann kann man natürlich darüber diskutieren - Kollege Auer, das kann man durchaus tun -, aber die Gefahr besteht, wenn große Player in Europa wie Veolia und andere große Wasserkonzerne mit einem Jahresumsatz von mehr als 13 Milliarden € auf dem Weg sind, dass diese dann auch Gelegenheit und Möglichkeiten haben, die lokalen Anbieter sehr rasch mit Dumping-Angeboten zu unterfahren und plötzlich wett­bewerbsrechtlich sozusagen die Nase vorne zu haben und einzusteigen, auch in Österreich. Wir haben ja am Beispiel der KELAG gesehen, wie schnell so etwas geht, wenn politisch fehlgesteuert wird.


Aber, Kolleginnen und Kollegen, ein Bereich, der mindestens genauso relevant ist, ist die Abwasserentsorgung. Wenn man beide Bereiche zusammennimmt - Wasser und Abwasser -, dann sind das enorme Infrastrukturelemente unserer öffentlichen Güter. Im Kanalbereich, wo wir 95 Prozent Anschlussgrad haben, wurden seit 1993 - seit 1993 gibt es das Umweltförderungsgesetz - 26 000 Projekte gefördert. Das war eine Investitionssumme von 13 Milliarden €. Davon waren über 4 Milliarden € öffentliche Mittel, das heißt Steuergelder, zum Aufbau dieser Infrastruktur, damit es, was die Belastung der Bürger betrifft, zu einer harmonischen und gleichmäßigen Belastung kommt, da natürlich die Versorgung oder Entsorgung in Zentralräumen unter Umstän­den billiger ist als in entlegenen ländlichen Regionen oder ländlichen Zentren.


Der Fördersatz war in den Abwasserbereichen 31 Prozent. Mit 31 Prozent haben wir diese Projekte gefördert. Und im Wasserbereich, wie schaut es da seit 1993 aus? - 9 500 Projekte wurde gefördert. 515 Millionen € an Förderungen sind in die Wasser­versorgung in Österreich geflossen.


Sie sehen, hier ist etwas mit enormen Steuermitteln aufgebaut worden, und jetzt geht es schon um Herausforderungen. Somit sind wir bei den Problemen in diesem Bereich - es gibt natürlich Probleme -, und da ist dann auch die Diskussion gefragt. Die Probleme sind nämlich die hohe Belastung der Gemeinden mit dieser Infrastruktur. Das sind Belastungen, die sich in Budgets niederschlagen. Präsident Mödlhammer vom Gemeindebund hat zu Recht gesagt, im Schnitt sind in Österreich bei den Außenständen der Gemeinden, bei den Defiziten, bei den Schulden zu 70 Prozent jene Investitionen mitverantwortlich, die über die letzten eineinhalb Jahrzehnte im Wasser- und Abwasserbereich gemacht worden sind.


Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt, den man berücksichtigen muss, auch im Hinblick auf den Druck, der auf diesen Gemeinden lastet. Und genau deswegen ... (Abg. Jakob Auer: Kostendeckende Gebühren!) - Ein Stichwort ist „kostendeckende Gebühr". Richtig, aber wenn wir das diskutieren wollen, Kollege Auer, dann brauchen wir ein öffentliches Bewusstsein über die öffentlichen Güter, und genau da sind wir als Politikerinnen und Politiker gefordert. Wir müssen in der Öffentlichkeit klarmachen, dass eine öffentliche Versorgung, eine kommunale Versorgung mit diesen Dienstleis­tungen bei Weitem die sicherere und auch die billigere Variante ist. Es gibt Vergleichsstudien - ich bin auch Mitglied in der Kommission für Wasserwirtschaft, die es Gott sei Dank gibt, die diese Tätigkeiten bundesübergreifend koordiniert; ich sitze seit Jahren als grüner Vertreter in dieser Kommission -, die eindeutig belegen, dass unser System gegenüber privatisierten Modellen kostengünstiger und auch sehr effizient ist und von der Qualität her auf jeden Fall mithalten kann. Ich glaube, darauf können wir stolz sein.


Wir müssen aber auch kostensenkende Potenziale nutzen, und da geht es dann um kommunale Zusammenarbeit, um interkommunale Mit- und Zusammenarbeit. In die­sem Bereich, glaube ich, können und müssen wir schon enorm viel tun, und auch da braucht es moderne Strukturen und auch ein gutes Marketing, ein Management vor allem, um diese Leistungen auch kostengünstigst zu erbringen.



Wir haben natürlich auch Probleme, wenn es um die Kontrolle dieser Einrichtungen geht. Das ist wichtig vor Ort, damit kein Schindluder getrieben wird. Die Gemeinderäte haben derzeit zu wenig Einschau. In allen ausgelagerten Einrichtungen von Gemein­den haben sie kein Kontrollrecht, das halte ich für ein Riesenmanko. Dort müsste man massiv eingreifen, denn dort passiert natürlich alles Mögliche. Genau da muss man den Riegel vorschieben, damit diese Dinge sozusagen nicht mehr passieren bezie­hungsweise rechtzeitig aufgedeckt werden können.


Dann gibt es natürlich noch einen wichtigen Bereich, nämlich die Qualität des Wassers. Das ist ein Problem, das man bei den Kosten nicht unterschätzen darf. Es ist die Nitratbelastung, es sind Pestizidbelastungen, die die Wasserversorger dazu zwingen, Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen. Das sind Altlasten.


Wir haben eine Schätzung gemacht: Was braucht man in Österreich jährlich an Inves­titionen, um die jetzige Infrastruktur aufrechtzuerhalten? Im Wasserbereich sind es etwa 200 bis 300 Millionen € - das sind Schätzungen auf Basis der Meldungen der Gemeinden, die die Kommunalkredit durchgeführt hat -, und im Abwasserbereich sind es 300 bis 500 Millionen. Das sind schon enorme öffentliche Aufgaben.


Wir von den Grünen sind davon überzeugt, dass man, wenn man die Daseinsvorsorge wirklich auch verfassungsrechtlich als öffentliches Gut ansieht, wenn man das Wasser so schützt und auch das Abwasser mit einbezieht, langfristig den Bürgerinnen und Bürgern auch niedrige Gebühren bei gleichzeitig hoher Versorgungssicherheit anbieten kann. Das muss das Ziel der Politik sein, und dafür werden wir uns einsetzen. - Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


 


 


 




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