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Arbeit


Dringl Anfrage der Abg. Steinbichler, KuK an BMLFUW betr oesterr Produkte statt Palmoel
14.12.2016

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Agrarpolitik



Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 157. Sitzung am 14.12.2016


Tagesordnungspunkt: Dringl Anfrage der Abg. Steinbichler, K&K an BMLFUW betr österr Produkte statt Palmöl
Redezeit: 16.04 - 16.14


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Kollege Jannach hat jetzt einen relativ großen Exkurs zur österrei­chischen Qualitätsproduktion gemacht und einige Kritikpunkte erwähnt, was die Impor­te betrifft. Das kann man durchaus teilen. Ich würde nur eine Klarstellung schon treffen, Kollege Jannach: Beim AMA-Gütesiegel hast du natürlich recht, was Verarbeitungspro­dukte betrifft, dort kann es sein, dass ein ausländischer Anteil dabei ist, wenn es sich um Produkte handelt, die in Österreich nicht verfügbar sind, zum Beispiel bei einem Hei­delbeerjoghurt, wenn heimische Heidelbeeren nicht in ausreichender Qualität und Men­ge verfügbar sind.


Aber das Faschierte mit AMA-Gütesiegel stammt hundertprozentig aus österreichischer Produktion. (Abg. Steinbichler: Nein!) - Das ist Faktum! Und wenn es nicht so wäre, Kollege Steinbichler, wenn das aufgedeckt werden würde, wäre es ein Kontrollpunkt. Und dann würde man diesen Betrieb sperren oder sanktionieren müssen. (Abg. Dies­ner-Wais: Genau!) In Bezug auf die Kennzeichnung von Fleisch stimmt es auch, aber vor allem nur für die Verarbeitungsprodukte. Bei Wurst, du hast es erwähnt, kann man sich nicht darauf verlassen, da es für Verarbeitungsprodukte keine Kennzeichnungsre­geln gibt, aber für Fleisch, Schweinefleisch, also Frischfleisch, ist die Herkunftskenn­zeichnung inzwischen auch europaweit geregelt, es muss gekennzeichnet werden. - So viel zu den Fakten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eßl.)


Jetzt möchte ich mich aber schon konkret noch einmal mit dieser wirklich interessanten Dringlichen beschäftigen. Es ist nicht das erste Mal, dass Kollege Steinbichler das The­ma ins Haus bringt, aber zum ersten Mal in Form einer Dringlichen. Warum ist es so interessant, sich mit der Fettindustrie, mit Palmfett, mit diesen Entwicklungen ausein­anderzusetzen?


Meine Damen und Herren, Palmöl und diese Art von Produktion sind die Spitze eines agrarindustriellen Eisbergs, der den Globus im Würgegriff hat. Da geht es um Commo­dities, es geht um eine Finanzbranche, die ja hochspekulativ und hochprofitabel auf dem Rücken, wie es Kollegin Bayr zu Recht gesagt hat, von indigenen Völkern, auf Kosten von sozialen Standards, auf Kosten der ökologischen Nachhaltigkeit mit Abholzung von Millionen von Hektaren von Regenwald Profite macht.


Meine Damen und Herren, das kann uns kurz vor Weihnachten nicht gleich sein! (Bei­fall bei Grünen und Team Stronach.) Es kann uns nicht gleich sein, ob auf dem Rücken von Menschen, zum Schaden des Planeten die Zerstörung, der Raubbau vorangetrie­ben werden. Und es ist wirklich bezeichnend, dass wir in unserem Alltag oft gar nicht mehr wahrnehmen, wo diese Produkte landen. Die KollegInnen haben es ja auch er­wähnt: Die Kerzenproduktion, die Teelichter von dem großen Möbelhersteller sind aus Palmfett. Auch bei Christbaumkerzen kann das schon sein, die bestehen aus gehärte­ten Fette, auch aus Palmfett.


Bienenwachskerzen sind natürlich teuer, das wissen wir. Das alles ist auch eine Preis­frage. Da sind wir schon bei der Frage, wieso sich solche Produkte eventuell durchset­zen. Kollege Höfinger hat ja hier auch versucht, die Fragestellung von Preisbildung und Ersatzprodukten der Industrie zu thematisieren. Natürlich hat er recht: Dort, wo es kei­ne Herkunftskennzeichnung gibt, werden diese Produkte sofort durch billigere Roh­stoffe substituiert, unabhängig davon, ob die nachhaltig produziert werden oder nicht. Das ist Profitwirtschaft, das ist ganz primitiv gesagt der Kapitalismus, so wie er arbeitet, so wie er ganz einfach auf dem Markt vorhanden ist. Das sind große Konzerne. Ich nenne hier nur einen europäischen: Unilever, seit Jahrzehnten einer der ganz großen Player der europäischen Lebensmittelindustrie. Und was hat dieser Konzern seit den Fünfzigerjahren gemacht? - Butter durch Margarine zu ersetzen versucht. Margarine war immer ein Produkt, von dem es geheißen hat, das sei besonders gesund, das sei für Herz-Kreislauf-Kranke möglicherweise besser, weil da pflanzliche Fette drinnen sind et cetera.


Was weiß man heute, meine Damen und Herren? - Dass durch die Härtung dieser Fette Transfettsäuren entstehen können, hat Kollegin Bayr ja auch erwähnt, und dass genau diese Transfettsäuren zu Herz-Kreislauf-Problemen führen, und zwar massiv. Über Jahr­zehnte war das ganz einfach ein Lügenkonzept der Lebensmittelindustrie. Und wer hat es büßen müssen? - Die Milchbauern. Butterfett ist in der Küche etwas ganz Selbst­verständliches, es ist im Alpenraum ein ausgezeichneter Rohstoff von Kühen, die hof­fentlich - da geht es dann um Tierschutz, da geht es um Lebensmittelqualität - auch mit grünem Gras gefüttert werden oder auf der Weide grasen können, damit hochwertige Pro­dukte im Alpenraum entstehen, die wir auch selbstverständlich in der Küche verwen­den. Das wäre das Gebot der Stunde, dass wir dem mehr Raum geben.


So verstehe ich die heutige Anfrage des Kollegen Steinbichler. Herr Bundesminister Rupprechter, da haben Sie nicht ganz unrecht, was die Importabschöpfungen betrifft, ist die praktische Umsetzung von solchen Maßnahmen nicht einfach. Aber ich erwäh­ne, dass die Briten eine Zuckersteuer überlegen, dass die Dänen auch eine Fettsteuer auf nationaler Ebene diskutiert haben und dass es da und dort nationale Maßnahmen gibt, die trotz Europäischer Union auch aus bestimmten Vorsorgeprinzipien heraus of­fensiv und innovativ umgesetzt werden.


Warum soll Österreich nicht auch in diesem Bereich innovativ voranschreiten? Ob das jetzt wirklich über diese Palmölsteuer geschieht, das kann man ja diskutieren. Aber es geht in die Richtung, dass wir Abgaben auf klimazerstörende Produktionsweisen brau­chen, die weltweit inzwischen ja wahrgenommen werden. Es ist nicht so, dass das nur deshalb ein Thema ist, weil es sozusagen die persönliche Leidenschaft des Kollegen Steinbichler ist. Nein, das ist ein globales Thema, es wurde zum Beispiel auch im Sommer in der „Zeit" thematisiert, in einem deutschen Medium, das Sie sicher kennen, wo­bei ganz klar die Zahlen auf den Tisch gekommen sind:


42 Prozent des Palmöl-Rohstoffs werden in Deutschland im Agrotreibstoff eingesetzt. Europaweit sind es nach Analysen der Europäischen Union etwa 46 Prozent, fast die Hälfte des Palmöls geht inzwischen in Agrotreibstoffe, etwa 33 Prozent in Lebensmittel, hauptsächlich in Margarine, und etwa 17 Prozent in industrielle Verfahren, in Reinigungs­mittel, Putzmittel, bis hin zu Kosmetika.


Also man sieht, es geht auch nicht darum - und das möchte ich schon sagen -, hun­dertprozentig das Palmfett sozusagen aus dem Markt zu drängen, das kann es auch nicht sein und wird es nicht sein. Aber wir sollten uns des Risikos bewusst sein, dass viele dieser Produkte inzwischen auf Basis dieser Produktionsmethoden hochkontami­niert mit Pestiziden sind und damit auch Gesundheitsgefahren bergen können. Wir ha­ben keinen Einblick, wie diese Produktionen vonstattengehen.


Ein Film hat das wirklich auf den Punkt gebracht: Eine wesentliche Sequenz des Films „Landraub" beschäftigt sich explizit mit Palmfett und Palmölplantagen, und Sie hören dort die Investoren im O-Ton darüber reden, wie toll und profitabel das sei. Und Sie sehen, wie leidvoll das Leben der Kleinbäuerinnen und -bauern in diesen Regenwäldern am Ran­de dieser Plantagen ist. Wenn Sie das einmal sehen, dann können Sie nicht mit ru­higem Gewissen sagen: Palmfett ist uns wurscht! Nein, das ist eine ethische Frage, und das ist auch eine Frage von globaler Verantwortung und von fairem Handel, meine Da­men und Herren. (Beifall bei Grünen und Team Stronach.)


Wenn jetzt die österreichische Situation beleuchtet wird - und wir sagen immer, wir sind ja so viel besser -, Herr Bundesminister, dann bitte ich Sie schon: Bleiben Sie bei den Fakten! Sie haben dem Kollegen Steinbichler geantwortet, in Österreich verwenden wir kein Palmöl in den Agrotreibstoffen. - Haben Sie gesagt, ich habe gut aufgepasst. (Bun­desminister Rupprechter: In der Produktion!) - In der Produktion? - Richtig. Sie ha­ben das jetzt korrigiert: in der Produktion. Tatsächlich stimmt das: in der Produktion. Jene Betriebe, die bei uns Agrotreibstoffe produzieren, machen das aus Altfetten, aus Raps, aus anderen Biorohstoffen. Aber wir importieren 636 224 Tonnen Biokraftstoffe, und darunter sind auch wasserstoffgehärtete pflanzliche Öle. Und unter diesen Ölen - Sie können es selber nachlesen in Ihrem Bericht, Biokraftstoffbericht 2016 - befindet sich selbstverständlich auch Palmöl. Sehen Sie: Das wäre richtig gewesen, wenn Sie das dem Kollegen Steinbichler auch geantwortet hätten. Das erwarten wir von einem Minis­ter! (Beifall bei Grünen und Team Stronach.)


Wenn hier Fragen von Abgeordneten gestellt werden, bitte umfassend beantworten, wie die Fakten tatsächlich sind! Wir haben auch Palmöl im Kraftstoff. Vielleicht ist der Anteil geringer als in Deutschland - das kann man dann dazusagen -, wir produzieren es nicht, aber wir verwenden es, meine Damen und Herren, und das ist die Geschich­te. Wenn ein Rohstoff wie Palmfett global gehandelt wird, wird es immer unheimlich schwierig sein, alles zu zertifizieren, alles zu kontrollieren, und da ist es besser, wieder auf regionale Kreisläufe zu setzen, in Europa verstärkt auf eine Vernetzung der euro­päischen Produktionsräume zu setzen, viel stärker diese Kreisläufe zu sehen.


Ein Wort zu diesem internationalen Handelsabkommen: Das ist ja alles nur mehr zy­nisch, Kolleginnen und Kollegen. Da geht es ja schon lange nicht mehr um die Bevöl­kerung, um Arbeitsplätze bei uns - das wird vorgeschoben. In Wirklichkeit geht es da­bei um Interessen von großen Playern, von Konzernchefs. Wir sehen es jetzt in den USA. Wer wird denn dort heute Politiker? - Alle kommen aus den Stäben der Industrie und der Finanzwirtschaft. Das sind die Leute, die anschaffen, ob sie jetzt vorne in der ersten Reihe stehen oder in der zweiten oder in der dritten Reihe. (Abg. Lugar: ... die Raiffeisen!)


Meine Damen und Herren, das ist das Problem. Da brauchen wir mehr Demokratie, mehr Kritikfähigkeit und einen Minister, der uns auf Punkt und Beistrich klare und aus­führliche Antworten gibt. - Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Stein­bichler. - Abg. Rädler: Ein Wort zu Pilz wäre vielleicht möglich gewesen!)


 


 


 


 


 




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