Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 157. Sitzung am 14.12.2016
Tagesordnungspunkt: Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 Redezeit: 20.31 - 20.38
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Abend sollte man sozusagen die Früchte der Arbeit der Gespräche und Verhandlungen, die man den ganzen Tag geführt hat, ernten, und zwar zu einem Gesetz, das nicht unbedingt sehr prominent in der Auslage steht, nämlich dem Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz, einem Gesetz, das für Krisen, für Notfälle, für Katastrophen vorgesehen ist, dass in solchen Szenarien die österreichische Bevölkerung ausreichend mit Lebensmitteln versorgt wird, dass Maßnahmen gesetzt werden können, dass ein Lenkungsausschuss diese Maßnahmen plant, diese dem Minister vorschlägt, und der Minister diese bei Dringlichkeit auch durchsetzen und umsetzen kann.
Dieses Gesetz ist ein Bundesgesetz und braucht eben diese Harmonisierung, es ist daher eine Zweidrittelmaterie, und wir haben bei diesen Verhandlungen natürlich auch überlegt, was man Zeitgemäßes tun kann, um den Entwicklungen Rechnung zu tragen. Wir hatten ja heute schon eine sehr interessante und durchaus konstruktive Debatte zu den Problemen des globalen Agrarmarktes: Thema Palmöl, Fett-Importe et cetera. Und die Frage ist langfristig: Wie wird sich die Ernährungssicherheit, die Ernährungssouveränität in den nächsten zehn Jahren gestalten? Wird es einfach sein, die Krisenvorsorge auch durch heimische Produktion aufrechtzuerhalten?
Meine Damen und Herren, das ist ein ganz, ganz zentraler Punkt, und ich bin überzeugt davon, dass die österreichische Bevölkerung großes Interesse daran hat, dass diese Krisenvorsorge auch durch die österreichische Landwirtschaft gewährleistet werden kann.
Daher wird es einen Abänderungsantrag geben, der zur Verteilung gebracht wird. Ich möchte ihn hier kurz erläutern: Die Kollegen Auer, Preiner und ich haben gemeinsam einige wesentliche neue Elemente, Verbesserungen, im Gesetz implementiert. Diese Verbesserungen beziehen sich im Wesentlichen auf die Mitwirkungsrechte auch dieses Hauses. Die Abgeordneten dieses Hauses, die im Hauptausschuss vertretenen Parteien werden im Rahmen dieses Lenkungsausschusses auch Mitwirkungsrechte bekommen, und das halte ich im Sinne der Transparenz und letztlich auch gemeinsamen Steuerung für so eine wichtige Angelegenheit für einen guten und richtigen Weg.
Das Zweite, was wir hier neu vorsehen, ist, dass die Ernährungssouveränität auch ein wichtiges Ziel dieses Lebensmittelbewirtschaftungsgesetzes wird. Also Ernährungssouveränität soll nicht nur ein Schlagwort sein, sondern tatsächlich auch unterfüttert werden, und dafür wird der Lenkungsausschuss die Aufgabe haben, sich jährlich mit der Markt- und Preisberichterstattung, mit den Preisentwicklungen, aber vor allem mit den Erzeugerpreisentwicklungen und den Produktionskosten der österreichischen Landwirtschaft, mit den Entwicklungen der Produktion, mit den Entwicklungen auf diesen Märkten zu beschäftigen, unter dem Gesichtspunkt der Vorsorgepolitik.
Meine Damen und Herren, ich bin schon ein bisschen stolz darauf, dass der Parlamentarismus hier auch wieder Flagge zeigt, nämlich insofern, als wir aufbauend auf den Unterausschüssen, die wir im Landwirtschaftsausschuss hatten, wo wir uns ja mit den Marktthemen Fleisch und Milch beschäftigt und festgestellt haben, dass vielfach die Transparenz gar nicht besteht, dass wir eigentlich viel mehr Debatte über diese strukturellen Entwicklungen bräuchten, die mittelfristig ja auch Auswirkungen auf die Märkte, auf die Versorgungssicherheit haben, dass wir das jetzt in diesem Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz auch implementieren können. Ich finde, das ist ein guter Weg, aber es ist natürlich nur ein Schritt, ein gemeinsamer Schritt in die richtige Richtung. Weitere Schritte, Herr Bundesminister, sind absolut notwendig, und wir haben Ihnen auch die Möglichkeit eingeräumt - auch das ist wichtig -, dass Sie schon im Vorsorgebereich, bevor die Katastrophe eingetreten ist, tatsächlich auch Maßnahmen ergreifen.
Ich nenne nur ein Beispiel, damit Sie sich vorstellen können, worum es geht: Auch Saatgut ist umfasst. Saatgut ist die Basis der Produktion, wir brauchen Vorsorgemaßnahmen, damit wir nicht in die Situation kommen, dass wir nicht mehr ausreichend Saatgut haben, die Qualität des Saatgutes nicht mehr stimmt et cetera; all das sind Vorsorgemaßnahmen, damit wir auch in sieben, in acht oder in zehn Jahren, egal, wie der Klimawandel sich entwickelt, weiterhin eine österreichische Lebensmittelproduktion aus bäuerlicher Hand haben werden. - Das ist das eine.
Meine Damen und Herren, das Positive zuerst, und dann kommt natürlich das Kritische, und dafür sind die weiteren Schritte erforderlich. Da muss ich dem Kollegen Schellhorn für die Initiative danken: Eine Reform des AMA-Gesetzes ist dringlich erforderlich, gar keine Frage, Kollege Jannach. Und damit es hier zu einer Verbesserung kommt, was die Arbeitsweise, was die Kontrolle der AMA betrifft, was die Effizienz dieser Organisation betrifft, da bin ich fest überzeugt, da haben wir noch gar viel vor uns, eine ganz große Menge an Arbeit.
Wir haben hier den Rechnungshofbericht über die AMA, über die Agrarmarkt Austria, und dieser Rechnungshofbericht wird in diesem Haus noch ganz ausführlich diskutiert werden. Wenn dieser Bericht hier hereinkommt - das sage ich jetzt schon -, wird es wieder eine gemeinsame Initiative brauchen, um die Maßnahmen umzusetzen, damit diese Institution endlich wieder sowohl das Vertrauen der Bäuerinnen und Bauern bekommt - denn das hat sie jetzt nicht mehr - als auch das Vertrauen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, der Konsumentinnen und Konsumenten und dieses Hauses.
Meine Damen und Herren, nur noch eine Sache zum Schluss: Die Agrarmarkt Austria GmbH hat einen Aufsichtsrat, der von zwei Personen bestellt wird - von zwei Personen: vom Herrn Leutner und vom Herrn Griesmayr. Beide sind die Vorstände der Mutter, der Agrarmarkt Austria. Diese zwei Vorstände bestellen einen siebenköpfigen Aufsichtsrat. Also, meine Damen und Herren, das ist ein kurioses Schauspiel, wenn man weiß, dass einer dieser Vorstände Ministersekretär unter Minister Pröll war und dann in den Vorstand der AMA gekommen ist.
Und als Vorstand der AMA hat er den Minister Pröll dann in den Aufsichtsrat bestellt. Also, meine Damen und Herren, da brauche ich überhaupt nicht mehr zu interpretieren, das ist politische Freunderlwirtschaft par excellence. So etwas ist schlichtweg unmöglich! Das ist heute nicht mehr Stand der Praxis, finde ich. Da ist das Haus gefordert, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, dass das ausgeräumt wird. Wir werden dazu noch Gelegenheit haben, und ich bin überzeugt davon, dass wir da die Mehrheit auf unserer Seite haben werden, um eine Reform zu schaffen. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
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