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Parliamentary Field Visit in Burkina Faso

29.11.2009

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Weltbank-Projekte in Burkina Faso - Regionale Entwicklung im Spannungsfeld von Klimawandel und Finanzkrise

Vom 29. November bis zum 4. Dezember nahm ich als Mitglied einer internationalen Parlamentarier-Delegation an einem Vor-Ort-Besuch in Burkina Faso teil.   


Die Parlamentarier-Delegation und die VertreterInnen aus Burkina Faso und Weltbank vor dem Parlamentsgebäude von Burkina Faso

Als Mitglied von AWEPA (Europäische Parlamentarier für Afrika) wurde ich vom parlamentarischen Nord-Süd-Dialog  eingeladen an einem parlamentarischen Monitoring-Besuch in Burkina Faso teilzunehmen.

Organisiert werden diese Field visits vom Parlamentarischen Netzwerk bezüglich Welt-Bank PNoWB. Diese Besuche werden gemeinsam vom PNoWB und der Weltbank organisiert und von Finnland zusätzlich finanziell unterstützt.

Seit 2001 konnten bisher mehr als 175 Abgeordnete in über 20 Ländern in Afrika, Asien, am Balkan, in Latein-Amerika und im mittleren Osten teilnehmen. Die Treffen dienen dazu einen konkreten Einblick in die aktuellen Entwicklungsstrategien Vor-Ort zu bekommen, mit Parlamentariern des Gast-Landes sich auszutauschen und konkrete Projekte anzusehen.

Bei den Besuchen finden auch Diskussionen mit verschiedenen VertreterInnen aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft statt. Als Ergebnis dieser Treffen soll die internationale Parlamentarier-Delegation Empfehlungen betreffend der Entwicklungsstrategie des Gast-Landes abgeben.

Danken möchte ich der Projektleiterin des Parlamentarischen Nord-Süd Dialogs Jutta Kepplinger  und meiner ehemaligen Abgeordneten-Kollegin Inge Jäger  für die gute Zusammenarbeit - insbesondere bei der relativ kurzen Vorbereitungszeit.  Der Nord-Süd-Dialog ist ein Projekt der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, mit dem zentralen Ziel einer Stärkung der gesellschaftlichen und politischen Unterstützung von Entwicklungspolitik und internationaler Zusammenarbeit auf nationaler und bilateraler Ebene. Der Nord-Süd Dialog auf parlamentarischer Ebene wird in diesem Zusammenhang als ein wesentliches Element erachtet.

 
Ab-Flug von Wien
 
Fünf Uhr früh - ich steige am Westbahnhof in den Flughafenbus - bin schon neugierig ob alles klappt - ist doch eine weite Reise - von Wien geht's erst mal nach Paris - dort warte ich auf den Transitflug nach Ougadougou - Hauptstadt von Burkina Faso.

Noch ist Zeit mich ein wenig vorzubereiten. Einige Unterlagen über die internationale Entwicklungszusammenarbeit - Artikeln und Unterlagen, die ich dankenswerterweise auch von der Abteilung für Entwicklungszusammenarbeit vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Mag. Schnitzer und Mag. Hauser bekommen habe.

Bleibt zu hoffen, dass die Sprach-Barriere gemeistert werden kann. Mein Umgangs-Französisch, erlernt im  Selbststudium sollte irgendwie ausreichen - mal sehen, ob das klappt. Dolmetsch auf Englisch ist vorgesehen heißt es in den Unterlagen, die mir das PNoWB-Office zugesandt hat.


Um 10 Uhr 55 startet unsere Maschine von Paris - der Zeit-Unterschied ist nur sehr gering - wie ich aus den Flugunterlagen entnehme. Die Uhr ist nur eine Stunde zurückzustellen.



 
Erste Ein-Blicke

Zwischen-Landung  am Flughafen in Niamey der Hauptstadt von Niger - dann geht's weiter. Wir erreichen fast pünktlich um 17 Uhr 45 Ougadougou - Hauptstadt von Burkina Faso.


Zuerst muss der Visa-Eintrag im Pass und die erforderliche Gelbfieber-Impfung nachgewiesen werden. Wir sitzen im Empfangsraum und ich lerne den ersten Parlamentarier-Kollegen kennen: Akhamountry Koukeo, Abgeordneter aus Laos. Er hat wirklich eine Weltreise hinter sich und ist seit 36 Stunden unterwegs.

 

Beim ersten Abend-Dinner zeigt sich, dass wir zwei begnadete ModeratorInnen in unserer Gruppe haben. Der Präsident der Freundschaftsgruppe Frankreich-Burkina Faso Francois Loncle, Abgeordneter aus der Normandie und die Senegalesin Ndeye Fatou Touré.



Es werden die Hauptthemen des Besuchs nochmals dargelegt:

1)      Maßnahmen gegen die Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf Burkina Faso's Wirtschaft und Entwicklung
2)      Dezentralisierung und soziale Verantwortung
3)      Bergbau / Rohstoff-Industrien und Verteilung der Erlöse/Erträge
4)      Einfluss von Reformen auf die Verbesserung des Investitionsklimas

In der Folge stellen sich alle Abgeordneten, die teilnehmen und die MitarbeiterInnen der Weltbank und des PNoWB vor:

Unsere Delegation besteht aus Parlamentariern von vier Kontinenten: Aus Europa (Belgien, Dänemark, Frankreich, Schweden und Österreich), aus Asien (Indien, Iran, Laos, Nepal und Vietnam), aus Afrika (Elfenbeinküste, Senegal, Mali, Kamerun) sowie aus Nordamerika (Kanada) und dem Organisationsteam der Weltbank (Nayé Bathily, Odilia Hebga) sowie des PNoWB (Dir. Jerome Evrard u. Amy Dietterich).


Montag 30. November
 

In unserer ersten Sitzung mit der Weltbank stellt uns die Leiterin des Vor-Ort Büros Galina Y. Sotirova, eine gebürtige Bulgarin die Investitionsstrategie der Weltbank in Burkina Faso vor. Derzeit beläuft sich das Engagement der Weltbank in Burkina Faso auf 19 Projekte in vier regionalen Programmen und erreicht ein Investitionsvolumen von knapp 715 Millionen Dollar - bei einem Wechselkurs von 1,40 macht das etwa 511 Mio € aus.

Die Voraussetzungen für Investitionen in Burkina Faso seien gut: Politische Stabilität seit mindestens 20 Jahren, beste Noten betreffend politischer Stabilität, Abwesenheit von Gewalt und Effizienz der politischen Strukturen im Vergleich zum Durchschnitt afrikanischer Staaten insbesondere im Bereich der Subsahara. Bis 2007 betrug das relativ stabile makroökonomische Wachstum jährlich etwa 6 %. Bis 2007 sank die Armutsrate deutlich, gleichzeitig stieg der Anteil der Bevölkerung mit Grundschulausbildung von 42 % im Jahr 1999 auf 72 % im Jahr 2007. Der Zugang zu Trinkwasser stieg von 54 % im Jahr 2004 auf 77 % im Jahr 2007.

Von der Weltbank wird besonders die hohe Empfindlichkeit der Wirtschaft Burkina Fasos im Hinblick auf die Abhängigkeit vom Baumwollsektor und grundsätzlich die hohe Anfälligkeit bezüglich exogener wirtschaftlicher Turbulenzen gesehen. Die großen Herausforderungen bestehen darin, die Möglichkeiten der Intensivierung und Diversifizierung von Produkten mit höherer Wertschöpfung beim Export im Bereich Landwirtschaft und Viehzucht sowie im Bereich des Bergbaus auszuschöpfen. Die öffentlichen Ausgaben seien sehr gering, Effizienz und Qualität im Sozialbereich seien zu verbessern. Die Dezentralisierung (Regionalisierung) sei voranzubringen. Besonders problematisch sei das aktuell hohe Bevölkerungswachstum und die schwachen Kapazitäten in allen Wirtschaftssparten.

Seit 2007 erleidet Burkina Faso eine Serie von Krisen:

Hohe Erdöl- und Lebensmittelpreise, verschiedene klimatische Extremereignisse, Krise im Baumwollsektor und Weltwirtschaftskrise. Dazu kommt am 1. September 2009 eine Überschwemmung in der Hauptstadt Ougadougou, die Schäden in Millionenhöhe anrichtet (272 Mill. USD) und  von der 120 000 Menschen direkt betroffen waren.

Die Regierung hat angesichts dieser Krise ein Sofort-Maßnahmenprogramm für die Jahre 2009-2010 beschlossen, welches 900 Mill USD beträgt und verschiedene wirtschaftliche Sektoren und soziale Gruppen stärken soll. Langfristig orientiert sich die Regierungspolitik in Burkina Faso an einer Strategie des beschleunigten Wachstums und einer nachhaltigen Entwicklung (SCADD), welche die Ernährungssicherheit und Lebensmittel-Selbstversorgung beinhaltet, Schaffung von Arbeit und Stärkung des Humankapitals, sowie Diversifizierung und lokale Entwicklung, Geburtenkontrolle und Verbesserung der Transparenz der Mittelverwendung zum Ziel hat.

Die Hilfsinstrumente der Weltbank bei diesem Prozess beinhalten sowohl allgemeine Budget-Beihilfen, Investitionsprojekte (z.B. Transportwesen, Bildung, Gesundheit, Landwirtschaft, Baumwolle, ländliche und urbane Entwicklung, Finanz- und Privat-Sektor, Energie, Bergbau, öffentlicher Sektor etc.), regionale Investitionsprojekte (Transport, Energie, etc.) und Analysen sowie technische Unterstützung. Als direkte Reaktion auf die Krise wurden in den Jahren 2009 und 2010 zusätzliche Mittel für die Gemeinschaftsverpflegung und die Essensprogramme in den Schulen dotiert. Der Baumwollsektor wird mit 80 Millionen USD zusätzlich unterstützt, weiters soll verbessertes Saatgut an bedürftige Bauern ausgegeben werden.

Die Gesamtausgaben der Weltbank in Burkina Faso verteilen sich auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche derzeit wie folgt:

Stadtentwicklung 2 %, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung 22 %, Bildungssystem 12 %, Energie und Bergbau 16 %, Umwelt 3 %, Finanz- und Privatsektor 5 %, Gesundheitssystem 10 %, Öffentlicher Sektor, Governance 3 %, Transport 27 %

Anschließend an die Präsentation sehen wir noch einen aktuell fertiggestellten Film über die Projekte in Burkina Faso - gut gemachte PR-Arbeit denke ich. Einige der Projekte die wir besuchen werden sind in diesem Film ebenfalls dargestellt, bin ja schon neugierig, ob die Bilder hier über die tatsächliche Realität hinwegtäuschen.

Wir bekamen auch noch die Präsentation eines Weltbank-Mitarbeiters zur aktuellen Entwicklung des durch die Krise besonders gebeutelten Baumwollsektors. 250 000 Haushalte oder etwa 3 Millionen Menschen hängen vom Baumwollanbau ab. 50 - 65 % aller Exporterlöse von Burkina Faso gehen auf den Baumwollexport zurück. Durch die Krise und die schlechten Preise ging die Produktion um 25 % zurück, womit das GDP um 1,8 % sank. 15 % geringere Preise, die den Erzeugern gezahlt werden, führen zu einer Erhöhung der Armut um 3 % erläutert der Experte. Interessant ist, dass gerade der Baumwollsektor durch internationale Privatbanken mit jährlich etwa 60 Millionen Euro finanziert wird. Darunter befindet sich eines der weltgrößten Bankenunternehmen HSBC (Hongkong and Shanghai Banking Corporation) mit Sitz in London, sowie die DZ Bank (die Zentralbank der Volks- und Raiffeisenbanken Deutschlands), die Natixis-Bank und SGB-Bank mit Hauptsitz in Frankreich. Der Experte gab auch einige Bespiele wie der Krise im Baumwollsektor begegnet werden könne, nämlich durch Diversifizierung innerhalb und außerhalb der Landwirtschaft, durch Ausstiegshilfen aus der Baumwollproduktion für Kleinproduzenten, aber auch durch den Einsatz der gentechnisch veränderten BT-Baumwolle.

von links: D. Wilson (Kanada), S. Noumba(Kamerun), W. Pirklhuber, T.M.H. Nguyen(Vietnam) u. A.E. Panah(Iran)

In der Diskussion erläutere ich, dass es doch überlegenswert sei, auch den biologischen Landbau verstärkt im Bereich der Landwirtschaft voranzubringen. Durch den Einsatz von BT-Baumwolle können nicht höhere Erlöse erzielt werden und es sei in Europa inzwischen ein Markt für biologisch-produzierte Baumwolle entstanden, der für die kleinstrukturierten Betriebe interessant sei. In der Antwort erläutert mir der Experte, dass der Export der Baumwolle großteils nach China gehe und die BT-Baumwolle umfasse ohnehin erst gegen 100 000 Tonnen.

Der Parlamentspräsident M.C. Kaboré

Nach einer leider zu kurzen Diskussion geht's gleich weiter zum Parlamentspräsidenten H.E. Rock Marc Christian Kaboré und anschließend zum Besuch ins nationale Parlament. Unsere Kollegen aus Burkina Faso sind immer dabei und es ergeben sich die ersten intensiveren persönlichen Gespräche auch unter den DelegationsteilnehmerInnen.




im Parlamentsgebäude: Die Fahne in den Farben Rot-Grün-Gelb (Panafrika-Bewegung) mit dem Konterfei des amtierenden Präsidenten Blaise Compaorè

Interessantes Detail beim Besuch des Parlaments: Die Oppossitionsparteien haben das Recht in den vordersten Reihen zu sitzen, also direkt vis-a-vis der Regierungsbank und die regierende Kongreßpartei für Demokratie und Fortschritt (CDP) mit ihren 73 Abgeordneten sitzt in den hinteren Sitzreihen. Die Abgeordneten-Delegation von Burkina Faso umfasst auch Oppositionspolitiker der ADF/RDA (Alliance pour la Démocratie et la Fédération/ Rassemblement Démocratique Africain). Daneben gibt's noch weitere kleinere Oppositionsparteien.


Abg. Alexis Djagnoigou Bourgou(Burkina Faso) erläutert mir den Parlamentsfolder

Im Anschluß daran diskutieren wir mit VertreterInnen aus dem Gastland ihr Programm zur Armutsreduktion bei einem gemeinsamen Arbeitsessen. Dieses Programm zur Armutsbekämpfung („sur le Cadre stratégique de lutte contre la pauvreté (CSLP) du Burkina Faso) umfasst neben dem Versuch einer generellen Stabilisierung makroökonomischer Faktoren (Inflation, öffentliche Investitionen, Wirtschaftswachstum, etc.) spezifische Maßnahmen im Bereich der Bildung, des Gesundheitswesens, Wasserver- und Abwasserentsorgung, spezifische Förderungen des ländlichen Raums (Intensivierung und Diversifizierung der pflanzlichen und tierischen Produktion) Elektrifizierung, u.a. Zusätzlich umfasst dieses Programm politische Maßnahmen im Bereich governance, Administration und Evaluierung und sieht Schritte zur Weiterentwicklung des Programmes vor.
 
Ernsthafte Bemühungen werden sichtbar, allerdings bleibt offen, wieweit es wirklich trägt, angesichts der internationalen Wirtschaftskrise bleibt manches wohl nur Wunschdenken, vermute ich.

Aus-dem-Auto - Blicke auf die Hauptstadt Ougadougou















In einer etwa einstündigen Pause, die sich kurzfristig ergibt, lädt mich der Abgeordnete Sidiki Belem von Burkina Faso ein, mich zur Techniker-Schule, dem Lycée Professionnel Dr. Bruno Buchwieser (LPBB)  zu bringen, von der ich ihm erzählt habe, die über Jahrzehnte durch die österreichische Entwicklungszusammenarbeit unterstützt wurde. Eine wunderbare Gelegenheit selbst ein wenig auf Entdeckungsreise zu gehen und einen  Blick auf das bunte Treiben in Ougadougou zu werfen.

Nach kurzem Durchfragen treffen wir tatsächlich auf den verantwortlichen Werkstellenleiter. Er antwortet mir gleich in überraschend gutem Deutsch und ich bekomme die Gelegenheit einige der aktuellen Lehrgänge zu besuchen.



Die Aufnahme ist sehr herzlich. Von den an der Schule derzeit beschäftigten 55 LehrerInnen sind etwa 30 noch direkt in Mödling bei Wien ausgebildet worden. Dementsprechend stolz sind sie uns ihre Ausrüstung und Drehbänke aus Europa zu zeigen.







von links: Werkstellen-Leiter, Abgeordneter Sidiki BELEM und Direktor Windé Issa GANDEMA

Schließlich können wir mit dem herbeigeeilten Direktor der Schule auch noch ein gemeinsames Foto machen und zurück geht es zum nächsten Treffen mit  VertreterInnen der Zivilgesellschaft.

Auf meine Fragen, wie sich denn die Situation der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern entwickle und welche Ansätze für eine nachhaltige Entwicklung der lokalen Landwirtschaft von den Interessensorganisationen vertreten werde - insbesondere das Problem der Gefahr des Pestizideinsatzes für die Qualität der ohnehin spärlichen Wasservorräte - bleibt im wesentlichen unbeantwortet. Die zuständigen Agrar-Vertreter sind nicht beim Meeting anwesend. Mich wundert dies - gerade in einem Land mit mehr als 80 % Agrarbevölkerung. Bei persönlichen Gesprächen entdecke ich aber doch Vielversprechendes: Ein Vertreter der Zivilgesellschaft gibt mir seine Visitenkarte und weist mich darauf hin, dass er in einem Projekt für Arzneipflanzen aus traditionellem Anbau mitarbeitet. Im Gespräch kommen wir drauf, dass auch er schon in Österreich war und Freunde in Innsbruck hat.

Der Abend gehört dem Parlamentspräsidenten und seiner VizepräsidentIn Fatoumata Diendéré/Diallo. Wir sind zum Dinner eingeladen, welches im Hotel Lybia stattfindet: Luxuriös ausgestattet, gesponsert von Muhamar Gadhaffi und in seiner Anwesenheit gemeinsam mit dem Staatspräsidenten von Burkina Faso Blaise Compaoré eröffnet. Wir bekommen sowohl aktuelle zeitgenössische Musik als auch Traditionelles zu sehen und zu hören.






Dienstag 1. Dezember

Nun geht's raus in die Regionen. Wir starten um halb Acht mit mehreren geländetauglichen Fahrzeugen nach Ziniaré, einer Kleinstadt etwa 40 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, aus der der Präsident von Burkina Faso Blaise Compaoré stammt.

 

Exkurs: Der Präsident von Burkina Faso

Der Präsident Blaise Compaoré ist ein Weggefährte des legendären Thomas Sankara, charismatischer, linksgerichteter Offizier, häufig als Che Guevara Schwarzafrikas bezeichnet, der mit 33 Jahren 1983 fünfter Präsident von Obervolta wurde. Den Staatsstreich organisierte der jetzige Präsident und wurde damals von Libyen unterstützt, das sich gerade im Tschad am Rand eines Krieges mit Frankreich befand. Am Jahrestag der Revolution, dem 4. August 1984 wurde Obervolta in Burkina Faso (=Land der Unbestechlichen/Integren/Gerechten) umbenannt. Vier Jahre später organisierte Compaoré selbst den Putsch gegen Thomas Sankara, im Laufe dessen dieser ermordet wurde. Dies wird in Burkina Faso als rectification (frz. „Berichtigung") der Revolution von 1983 bezeichnet, deren Kontinuität unter Compaoré sichergestellt werden sollte. Bei den Präsidentschaftswahlen am 13. November 2005 erreichte er rund 80% der Stimmen. Die Wahlbeteiligung wurde mit 57,5% angegeben. Da zum erstenmal die gesamte Opposition teilgenommen hatte, wird die jetzige Amtszeit Compaorés als die erste wirklich demokratisch legitimierte angesehen.

Ziniaré ist sowohl eine Gemeinde (frz. commune urbaine) als auch ein dasselbe Gebiet umfassendes Departement, etwa 35 km nordöstlich von der Hauptstadt Ougadougou und hat in den fünf Sektoren des Hauptorts und weiteren 48 Dörfern 62.026 Einwohner. Ziniaré ist die Hauptstadt der Provinz Oubritenga in der Region Plateau Central. In Ziniaré fand der erste Markt des hauptsächlich von Mossi bewohnten Zentralplateaus statt.



von links: die senegalesische Abg. Fatou Touré, der Bürgermeister und die Vizepräsidentin

Wir diskutieren in einem regionalen Zentrum mit dem Bürgermeister von Ziniaré und MitarbeiterInnen und VertreterInnen der Region. Auffällig ist die ländlich strukturierte Art dieser „urbanen Gemeinde" - besser könnte man von einer Agglomeration von EinwohnerInnen in einem bestimmten Umkreis sprechen. Dezentralisierung ist in Burkina Faso auch dadurch gekennzeichnet, dass das Land in 45 Provinzen eingeteilt wurde.

Wir nutzen die Gelegenheit für ein Gruppenfoto - rund um den Fahnenmast des Regionalzentrums.


von links: Serge Noumba(Kamerun), Akissi Colette Kouakou(Elfenbeinküste), Ndeye Fatou Touré(Senegal), Bürgermeister, Thi My Huong Nguyen(Vietnam), Ali Eslami Panah(Iran), Shanti Basnet Adhikari(Nepal), Mohamed Hamdullah Sayeed(Indien), und ganz rechts Amy Dietterich(PNoWB, Paris) in der zweiten Reihe, Carina Hägg(Schweden), Fatoumata Diendéré (Vizepräs. Burkina Faso) Akhamountry Koukeo(Laos), Nayé Bathily(Weltbank), Alexis Bourgou (Abg. Burkina Faso), ganz hinten: Dave Wilson(Kananda), Francois Loncle und Christophe-André Frassa(Frankreich), Sidiki Belem(Abg. Burkina Faso), ich und noch ein Abg. aus Burkina
 

Exkurs zum Volk der Mossi

Mossifamilien leben traditionell in kreisförmig angelegten kleinen Hütten von etwa 3-4 Meter Durchmesser, die durch eine Mauer verbunden werden. Das verwendete Baumaterial ist Lehm. Jede der bis zu vier Ehefrauen bewohnt mit ihren Kindern eine eigene Hütte. Werden die Kinder älter, bekommen sie bis zu ihrer Heirat eine eigene Hütte. Rechteckige Gebäude im Inneren des Hofes werden zum Teil vom Familienoberhaupt bewohnt.

Der Ausbreitung des Islam aus dem Norden konnten sich die Mossi lange widersetzen, bis heute hängt die Mehrzahl dem traditionellen Glauben an. Ihren Gott nennen sie Wendé. Gute Beziehungen zu den Ahnen sind den Mossi wichtig, dies drückt sich in verschiedenen Ritualen aus. Bedeutend sind die Herstellung und Verwendung von Holzmasken.

Ursprünglich stammen die Mossi aus dem Norden Ghanas, von wo sie etwa im 15. Jahrhundert auf ihren Pferden nach Norden zogen, die dort lebenden Bauernvölker entweder vertrieben oder sich mit ihnen assimilierten (Nyonyonsé). Die Nachkommen der Eroberer nannten sich Nakomsé und stellten die Herrscherschicht.

 
Einfache Einzäunung - das Futter wird herbeigebracht - die Tiere werden von einem Viehhirten zur Tränke geführt

Von Ziniaré geht's weiter zu einer Viehfarm. Der Bauer erzählt uns in gutem Französisch, dass es ein Geschäft sei Rinder zu mästen und dann Fleisch zu verkaufen. Die Verbesserung der Erntetechnik (Herstellung von Grassilage) kann das Einkommen erhöhen.




Die behornten Stiere kämpfen offensichtlich laufend und haben akute Verletzungen und Narben!

Allerdings gibt es das Problem dass es gar nicht leicht ist die geeigneten Rinder von anderen Bauern zuzukaufen. Der Fachberater der Weltbank ein Schwarz-Afrikaner und Agrar-Experte berichtet auch von Einkreuzungsversuchen von brasilianischen Rindern, womit die Tages-Milchleistung bei Kühen von 8-9 Liter auf bis zu 18 Liter gesteigert werden könne. Im Hotel wo wir statoniert sind, gibt es am Buffet ausgezeichnete Milchprodukte, wie verschiedene Joghurts und Frischkäse aus dieser Region.

Leider ist es schwierig die Milchwirtschaft weiterzuentwickeln. Die großen Europäischen Milch- und Lebensmittelkonzerne wie Nestlé sind mit ihren Markenprodukten (Trockenmilch) fest am Markt verankert.





Anschließend will ich mit dem Landarbeiter des Bauern reden, mich interessiert, wie er die Arbeit macht und was sich dabei verdienen lässt. Aber leider spricht er kein Französisch - ne francais - sagt er mir - so wie die meisten der Kleinbauern und Landarbeiter spricht er die lokale Sprache und lebt mit seiner Frau und Kind gleich neben dem Anwesen in einer einfachen Unterkunft.




Frau des Viehhirten


Wir fahren weiter ins Dorf Korsimoro.














Dort wartet die Dorfgemeinschaft schon auf uns. Es geht hier um ein Gesundheits- und Vorsorgezentrum, das mit Mitteln der Weltbank errichtet wurde. Die Bäuerinnen tragen teilweise T-Shirts von Ärzte ohne Grenzen und empfangen uns mit einer impulsiven Gesangs- und Tanzdarbietung - allerdings etwas abseits der Männer und des „offiziellen Diskussionsforums".



Sehr einfühlend und bestimmt bitten unsere ModeratorInnen die Frauen näherzukommen und an der Diskussion teilzunehmen.



Gerade um Frauen-Bedürfnisse ginge es eigentlich - allerdings ist die Infrastruktur, die wir vorfinden sehr fragwürdig. Die Geburtsstation hat keine Duschmöglichkeiten und keine Toiletten - geschweige denn Übernachtungsmöglichkeiten für die Angehörigen der Frauen, die hierherkommen. Die Straßenverbindung ist außerdem völlig ungenügend - in der Regenzeit nur schwer erreichbar. Darüber beschweren sich die Dorfbewohner auch - sie meinen das müsste doch auch noch gebaut werden.



Im medizinischen Vorsorgebereich geht es vor allem um die Umsetzung von Impfprogrammen. Darüberhinaus werden nach einem ganz simplen Schema Krankheitssymptome beurteilt und damit sozusagen eine Erst-Diagnose durchgeführt.


 
In der Diskussion geht es auch um die Frage der Rechte der Frauen - auf ihren Körper und um die Begrenzung der Zahl der Kinder.






Junger Bürgermeister mit Leiter der Gesundheitsstation und ihren Frauen





In der Öffentlichkeit über Verhütung zu diskutieren ist durchaus nicht einfach - man merkts an den angespannten Gesichtern. Es dauert länger bis sich eine junge Bäuerin dazu hinreißen lässt ihre Meinung darüber öffentlich kundzutun. Aber offensichtlich gibt's dazu nach wie vor verschiedene Auffassungen. Ja, es gibt die Verhütung, die Frauen haben eine Recht auf Geburtenkontrolle - so in etwa versucht ein Einheimischer die etwas verlaufene Diskussion abzurunden.






Drei solche Wasserpumpen gibt es in diesem Dorf


Zum Abschied singen und tanzen die Frauen nochmals - offensichtlich mit viel Spass!
 

Als Abschluß des Tages besuchen wir noch eine Lagerstelle für die Einlagerung von Zwiebel. Auf dem Weg dorthin kommen wir wieder an vielen interessanten Dörfern und Landstrichen vorbei und machen noch kurz eine Mittagsrast.












Vorher waren etwa 40 % der Zwiebelernte in diesem Gebiet verdorben oder mussten zu sehr niedrigen Preisen an Aufkäufer verkauft werden. Diese Projekt zeige, dass mit vergleichsweise einfachen Mitteln relativ hohe Wertschöpfungs-Verbesserungen zu erzielen seien erzählen uns stolz die Berater.


Zwiebel-Lager in der Nähe von Kaya



Bei der Rückfahrt fahren wir auch noch kurz beim Regionalen Gouverneur vorbei. Der ist aber gar nicht auf uns vorbereitet und lässt uns sozusagen auf der Strasse stehen. Der Kollege aus Kamerun ist entsetzt bei der Heimfahrt schimpft er ausgiebig. In seinem Land ist eine solche Unhöflichkeit unmöglich!
 
Mittwoch 2. Dezember

Heute geht's zu dem Renommierprojekt schlechthin: Wasserwerk in Ziga - betrieben durch die ONEA - office national de l´eau et de l´assainissment. Auf dem Weg dahin gibts wieder vieles zu sehen. Nebeneinander sind LKWs, Autos, Räder, Mopeds, Fußgänger und Eselsfuhrwerke unterwegs.









Auch Wasser-Erosion ist in der Regenzeit Gang und gäbe:

Der Chef der Station Francis D. Kèrè und seine Mitarbeiter erklären uns die aktuelle Auslastung, die technischen Grunddaten und führen uns durch das Werk. Das Wasser ist stark eisenhältig und hat daher im Rohzustand eine braune Farbe.



Durch verschieden Belüftungsverfahren und Fällungsreaktionen ( mit Aluminumsulfat) werden Schwebstoffe und Eisen ausgefällt und anschließend mit Chlor entkeimt. Derzeit werden 95 000 m3 täglich ins Netz geliefert, es bestehen noch beträchtliche Ausbau-Kapazitäten. 



Der Ziga-Stausee ist einer von mehreren Stauseen des Nakambé (Weißer Volta) neben dem Bagré-Stausee und dem Kompienga-Stausee. Er liegt im nördlichen Volta-Becken in der Region Plateau Central Provinz Ganzourgou. Er fasst 200 Mio. m³ und staut mit einem nur wenige Meter hohen Staudamm den Nakambé, der sonst nur 3 Monate im Jahr Wasser führt. Baubeginn war im Jahr 1998 und seit 2004 dient er der Wasserversorgung der knapp 50 km westlich gelegenen Hauptstadt Ouagadougou. Durch die Kosten von etwa 230 Mio. Euro ist der Stausee die größte jemals getätigte Investition in Burkina Faso.

Stauseelänge: 32 km Stauseebreite: 6 km Gesamtstauraum: 200 Millionen m³ Einzugsgebiet: 20.800km².




Diskussion mit den Leitern des Wasserwerkes über Kapazität, Qualität und Schutz des Wassers

Mit den Technikern unterhalte ich mich über mögliche Nitrat-Kontaminationsmöglichkeiten bei einer Intensivierung der Landwirtschaft. Derzeit sind die Werte selbst in der Regenzeit immer unter 10 mg Nitrat, meist sogar unter 5 mg Nitrat/l versichern die lokalen Wasser-Experten. Gleichzeitig habe man erste Maßnahmen gegen die Erosion ergriffen - denn in der Regenzeit wird Erdreich in den Stausee eingebracht und dies könne über einen längeren Zeitraum zu einer Verlandung führen. Allerdings ist der pflanzliche Schutzgürtel herum lächerlich schmal - gerade mal 50 - Meter - Pflanzungen. Ich schlage vor im Einzugsgebiet des Stausees biologische Landwirtschaft zu forcieren und mit heimischen Baumarten aufzuforsten.

Exkurs - zur Baugeschichte des Wasserwerkes

Mit großem Aufwand und im Beisein des Staatspräsidenten von Burkina Faso fanden am 10. Juli 2004 die Feierlichkeiten zu der bedeutendsten Phase des Ziga-Projektes statt: Zum ersten Mal erreichte Wasser aus dem Ziga-Stausee die Hauptstadt. Ein kurzer Rückblick auf die Projektgeschichte verdeutlicht die Aufmerksamkeit, welche dieses symbolische

Ereignis in den lokalen Medien und der Bevölkerung erregte. Dank der Finanzierung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Jahre 1984 wurden durch Lahmeyer International (LI) erste Studien zur Wasserversorgung von Ouagadougou durchgeführt. Dennoch konnte die Ausführungsplanung der Hauptlose durch LI erst 1994 bis 1996 und der Bau 1998 beginnen. Das Hauptproblem für den Verzug war die Finanzierung von damals 107 Milliarden CFA-Franc (163 Millionen Euro) durch 12 verschiedene internationale Entwicklungsbanken mit ihren unterschiedlichsten Kreditkonditionen. Der Wassermangel in der Hauptstadt war chronisch, mit immer häufiger auftretenden Notstandskrisen am Ende einer Trockenzeit. Am Festtag fanden sich etwa 10 000 Menschen an der künftigen Haupt-Pumpstation ein. Den Höhepunkt bildete die Öffnung der Absperrklappe der Fernleitung mit einer zehn Meter hohen Fontäne durch den Staatspräsidenten Blaise Compaoré.

Wasser die kostbarste Ressource

Dämme zum Rückstau von Wasser gibt es einige tausende versichert mir ein Abgeordneter von Burkina Faso - Gleich neben der Hauptstadt liegt auch einer von dem offensichtlich die Stadt-Garten-Landwirtschaft profitiert:




Zurück in Ougadougou



Zurück in Ouagadougou diskutieren wir bei einem Mittagessen mit VertreterInnen der verschiedenen Länder, zumeist BotschafterInnen, die in Burkina Faso Projekte betreuen. Leider ist die österreichische Botschaftsrätin Mag. Elisabeth Sötz, die das österreichische Koordinationsbüro für Entwicklungszusammenarbeit in Ouagadougou leitet bei diesem Treffen nicht dabei. Allerdings hatte ich die Gelegenheit mit ihr am Abend im Hotel mich noch über aktuelle österreichische Projekte auszutauschen. So berichtet sie von einem Forschungsprojekt in Richtung dezentralen dörflichen Bio-Gas-Projekten in Kooperation mit der Universität Innsbruck und von einem agrarischen Projekt, das den Anbau von autochtonen Heilpflanzen forcieren soll.



Abschließend gabs nochmals eine Diskussionsrunde im Parlament mit den Mitgliedern des Finanzausschusses. Es geht darum, wie internationale Gelder, die für Projekte vorgesehen sind, konkret kontrolliert werden. Die Gelder gingen ins Budget ein - eine Einzelprüfung der Projektgelder werde nicht durch den Finanzausschuss bewerkstelligt, sondern durch die Regierung bzw. die Ministerien und natürlich die Weltbank selbst. Ich denke an die Erfahrungen mit dem österr. Rechnungshof und denke, dass stärkere Kontroll-Rechte gerade auch für das Parlament (die Opposition stellt den Vorsitzenden des Finanzausschusses!) in Burkina Faso nützlich wären.


Donnerstag 3. Dezember
 
Wir beginnen mit einer Diskussion in der ständigen Vertretung der Weltbank über den Bereich Bergbau - Rohstoff-Industrien. Dies ist zweifelsfrei ein sehr sensibler Bereich. Schließlich ist die Frage der Schürfrechte für Edelmetalle wie Gold in einem der ärmsten Ländern der Welt von höchster Brisanz. Wie kommen die erzielten Gewinne, den lokalen und regionalen Bevölkerungen zugute? Burkina Faso gehört inzwischen zu den interessanten Rohstoff-Ländern, insbesondere was Gold-Vorräte anbelangt. Derzeit gibt es vier aktive Gold-Minen und vier in Bau. Weitere Projekte sind geplant. Vor allem kanadische Konzerne sind in diesem Bereich sehr aktiv.



Burkina Faso ist daher der EITI beigetreten. Die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) wurde von Tony Blair am Weltkongreß für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im Jahr 2002 ausgerufen. Bisher gibt es nur zwei Länder, die die Kritierien erfüllen: Aserbeidschan und Liberia. Alle anderen Länder (an die 30) sind noch Kandidaten-Länder.

Die EITI basiert darauf, dass Transparenz, betreffend Zahlungen und „Rohstoff-Kredite", die von Bergbau-Firmen in diesen Ländern an die jeweilige Regierung gehen, hergestellt wird. Weiters ist unumgänglich, dass es diesbezüglich Verfahren braucht, damit öffentlich unter Einbindung der Zivilgesellschaft darüber diskutiert werden kann, wie diese Gelder von den Regierungen verwendet werden.

Die wichtigsten Kriterien für EITI siehe LINK: http://eitransparency.org/eiti/criteria

Wir Abgeordneten sind überzeugt, dass dieser Prozess zwar positiv zu bewerten ist, aber bei Weitem nicht ausreicht, um die aktuellen Herausforderungen abgedeckt zu haben. Wie sieht es z.B. mit der Vergabe von Lizenzen/Schürfrechten aus? Werden diese angepasst, wenn die Minen sehr attraktiv und hohe Unternehmensgewinne erzielt werden? Oder bleiben diese auf dem einmal ausgehandelten Niveau?

Bei einem oppulenten Essen in einem französisch ausgestatteten Restaurant  mit VertreterInnen der Wirtschaft kommen wir nochmals auf die Problematik des freien Handels zu sprechen. Die Firmen, die am Import-Export verdienen haben kein Interesse an einer Orientierung am Binnen-Markt. Aber es ist offensichtlich - ein beschränkter Marktschutz wär unumgänglich, zumindestens sektoral z.B. im Bereich der Agrar-Güter bzw. Lebensmittel, um eine entsprechende Wertschöpfungskette aufzubauen und Lebensmittel zumindestens nach der Ernte optimal lagern und anschließend verarbeiten zu können.

Ich berufe mich auf den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stieglitz - ehemaliger Vizedirektor der Weltbank - blitze damit aber gleich ab. Das wäre Protektionismus und dieser ist ja bekanntermaßen obsolet, so der Weltbank-Vertreter. Der neben mir sitzende Generalsekretär der Wirtschaftskammer von Burkina Faso hat mich besser verstanden - sein freundliches Nicken werte ich als Zustimmung.

Sogleich geht's weiter - und wir besuchen das Internationale Institut für Wasser- und Umwelt-Engineering in Kamboissin.



Hier sehen wir alles - vom Solar-Panel bis zu den Agro-Treibstoffen.



Ein Vorzeigeprojekt der Franzosen, alles mit EU-Mitteln aufgebaut und unterstützt. Inzwischen hat die universitäre Einrichtung beträchtliche Drittmittel, worauf der Direktor sehr stolz ist. Der Großteil der AbsolventInnen findet umgehend Arbeit im öffentlichen oder privaten Sektor. Sehr heftig wird von der Vize-Präsidentin des Parlaments von Burkina Faso die Agro-Treibstoff-Veranstaltung, die in Kooperation mit französischen Universitäten durchgeführt wurde kritisiert. Der Uni-Vertreter windet sich - ist ihm offensichtlich unangenehm. Ich find´s  natürlich wunderbar, dass die Politikerin von Burkina Faso das Thema kritisch aufgreift - und gerade hier völlig logisch: Absolut prioritär ist, dass die Menschen hier zuerst einmal ihre Lebensmittelversorgung absichern müssen!

Zurück gehts vorbei an der Stadt-Landwirtschaft von Ougadougou, offensichtlich intensiver Gartenbau:


Resümee

Trotz der Fülle von Eindrücken und der großen Menge an Fakten, fällt es uns nicht schwer, konkrete  Empfehlungen herauszuarbeiten. Allerdings bleiben die meisten Vorschläge sehr im Allgemeinen und können nur Anregungen sein, die wesentlich dazu dienen sollen, die Sensibilität für bestimmte Fragen zu schärfen und die Diskussion in eine bestimmte Richtung voranzubringen. (Der Report wird in Kürze auf dieser Seite einsehbar sein!)

Aus meiner Sicht bestehen die Herausforderungen in Burkina Faso in einer ausgewogenen Entwicklungsstrategie, die vor allem dem ländlichen Sektor mehr staatliche und internationale Unterstützung zukommen lässt. Die riskanten Investitionen in den Baumwollsektor sollten zurückgefahren und Prioritäten im Bereich der Ernährungssicherheit gesetzt werden. Investitionen in die dezentrale Lagerung landwirtschaftlicher Erntegüter und eine marktgerechte Weiterverarbeitung sind vordringlich. Eine fachliche Ausbildung in Richtung  biologischer Land- und Gartenbau und eine standortgerechte zweisprachige Ausbildung (Französisch und lokale Sprachen) wären gerade auch für Frauen in den ländlichen Regionen eine wichtige Ergänzung zu den bisherigen Bemühungen.
Eine Chance wäre die Energie-Produktion und damit auch wesentliche Segmente des industriellen Sektors von Beginn weg auf solare Technologien aufzubauen. Voraussetzung dazu wären allerdings massive Investitionen in diesem Bereich und ein umfangreiches Technologie-Austausch-Programm. 

 
4. Dezember: Retour a`Paris - Vienne

Bei der Ankunft nieselt es und ist grau. In der Morgendämmerung von Paris weg dreht sich die Welt unter mir! Der Kreisel des industriellen Wohlstands - die Lichtverschmutzung - und doch einfach faszinierend - verständlich anziehend gerade auch für viele Schwarz-Afrikaner.

In Burkina Faso hatte es um die 28 Grad - das ist für dortige Verhältnisse sehr moderat - wieder zuhause ist alles so vertraut - und erscheint doch noch kurz durch den Blickwinkel Afrika in einem anderen Licht! Es gäbe soviel zu tun -sinnvolle Investitionen, Kontake, Unterstützung für Afrika - die Reise hat mich nicht mutlos gemacht, sie hat mir gezeigt, wie nahe dieser Kontinent, wie nahe die Menschen Afrikas uns eigentlich sind und wie viel Verantwortung Europa für diesen Kontinent hat.



Gelandet!







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